Josef Kiening: Genealogie und Haus-Chroniken im Gebiet nordwestlich von München

Zahlungen vor 1800 mit Münzen

In den Verträgen in alten Urkunden ist bei Hofübernahme, Einheirat usw. von erheblichen Beträgen in Gulden die Rede. Ich konnte mir nie recht vorstellen, wie so eine Bargeld-Zahlung von 1000 Gulden vor sich ging. Nun habe ich in den Briefprotokollen der Hofmark Massenhausen (Bayer. Hauptstaatsarchiv, Briefprotokolle Faszikel 1239) eine Quittung gefunden, die genau aufschlüsselt, wie die Zahlung erfolgt.
Abschrift des Originaltextes:    (fl. ist die Abkürzung für Gulden, Florentiner, 1 Gulden = 60 Kreuzer)

(Erklärende Einfügungen sind kursiv geschrieben.)

Bekantnuß per 900 fl.  Datum 12.8.1779

Josef Wildgruber Baal zu Äst bekennt (dass seine) in Persona  selbst anwesende uxoria nomine Eva von seinem frtl.(freundlich)  lieben  Schwager Anton Huber angehenden Ströber-Bauern zu Thurnsberg 900 fl als Erbsportion dergestalten erhalten hat:

Auszeigung respec. Verteilung hierauf  (die Spalten rechts : Gulden und xr = Kreuzer = 1/60 Gulden)




fl
xr
15
ganz. Maxdor  (Golddukaten mit Bild von Kurfürst Max III.Josef 1745-1777)
110

6
halbe detto (desgleichen)
22

12
Carolin  (Golddukaten mit Bild von Kurfürst Karl Albrecht 1726-1745)
132

1
halbe detto
5
30
4
Dugaten (ältere, vermutl. von Kurf. Max Emanuel - 1726)
20

138
Conventions-Taler (österreichische, nach  Münzkonvention von 1753)
331
12
2
Laub Fl.  (westdeutsche Taler, Kopf mit Lorbeerkranz)
5
30
8
Conventions-Gulden (österreichisch)
9
36
132
Schuß (Stoß, Stapel von 5 Stück) 24 (Kreuzer-Münzen)Stuk  (abgewertete 1/2-Gulden) 264

1
Zwelferstuk (abgewertetes 1/4-Gulden-Stück)

12

Latus ( Summe  / Übertrag)
900

 
(Erläuterungen: Josef Wildgruber hatte den Hofnamen "Baal" oder "Bäll" und wohnte im Ort Ast Gemeinde Kranzberg (heute Landkreis Freising).
Uxoria nonime = Ehefrau mit Namen Eva war die Schwester des Anton Huber "Ströber" in Thurnsberg und bekam von diesem ihren Erbanteil ausbezahlt.)

Die Dukaten waren aus Gold, die Taler und Kreuzer-Münzen aus Silber. Die Münzen wurden nach ihrem Edelmetallgehalt individuell bewertet. Um den Wert der einzelnen Münzen zu ermitteln, teile man den Betrag rechts durch die Anzahl der Münzen.

Die 12-er und 24-er (Münzen zu 12 Kreuzer bzw. 24 Kreuzer Wert) waren eigentlich viertel und halbe Gulden hatten also 15 oder 30 Kreuzer Nennwert. Der Silbergehalt dieser Münzen war jedoch zu gering, so dass sie nur geringer bewertet wurden.  Ein Schuß soll wohl ein Stoß, ein kleines Häuflein von 5 Münzen 24-er sein. Bei einem Wert von 2/5 Gulden beim 24-er mußte man 5 Stück aufhäufen, um auf den vollen Guldenbetrag von 2 Gulden zu kommen.

Die Masse der Münzen waren die 24-Kreuzer-Münzen, nämlich 132 Stapel zu je 5 Stück, also 660 Stück.

Eine Münze, deren Nennwert und Kurswert übereinstimmt, kommt in diesem Münzenhaufen nicht vor.  Das kann daran liegen, dass dieser Münzensack schon lange aufbewahrt wurde.  Der größte Teil davon dürfte bereits aus dem Heiratsgut des Vaters Thomas Huber stammen, der 1741 in den Hof in Thurnsberg 2 eingeheiratet hat und ein Heiratsgut von ebenfalls 900 Gulden mit brachte.  Nach dem Tod der Mutter am 25.4.1772 wurde der Münzensack beim Vormund der Kinder deponiert. Von 1772 bis 1779 ist dadurch keine neue Münze dazu gekommen.

Ulkig finde ich, dass zum Schluß mit einer Kleinmünze (1 Zwölferstuk)  die geforderte Summe exakt hingetrimmt wurde.
 
Familiendaten siehe Haus-Chronik Thurnsberg 2

Literatur-Hinweis: "Bayerische Münzen" von Walter Grasser, Rosenheimer Verlagshaus (ohne Jahr)

In diesem Buch werden geringfügig andere Kurswerte genannt, als im obigen Beispiel verwendet wurden. Das zeigt, dass die Kurswerte der Münzen veränderlich waren.
Alte Münzen wurden aufgrund ihres höheren Gold- oder Silbergehaltes ständig mehr wert.  Natürlich wurden vom Staat diese Münzen für ungültig erklärt und nach Möglichkeit eingezogen. 
Einen Münz-Einzug haben wir auch schon erlebt, als die silberhaltigen 5-Mark-Stücke schnell eingezogen und für ungültig erklärt wurden, da der Silberpreis spekulativ stieg und sich der Metallwert der 5-Mark-Stücke dem Nennwert näherte.

Die heutige Geldentwertung ist also keine neue Erfindung, sondern üblich, seit es Geld gibt.

Von seiten des Staates und Gelderzeugers wird dabei stets die Fiktion aufrecht erhalten, dass Gulden gleich Gulden, Mark gleich Mark und Euro gleich Euro bleibt.
Dies gilt in der Wirklichkeit nur für die Steuerbeträge. Für alle Sachen,  Güter und Löhne gibt es einen Marktwert, der sich laufend ändert. Auch der Wert des Goldes  (und damit der Goldmünzen) ist nicht konstant, sondern seit dem Jahr 1500 wegen der Gold-Importe aus Südamerika ständig gesunken.

 Siehe auch Quittung oder Heiratsgut

Weitere Themen Schlagwortregister

zum Anfang:  Startseite www.genealogie-kiening.de