Josef Kiening: Familienforschung im Gebiet nordwestlich von München.

Zuwanderung in das Dachauer Land

Im Dreißigjährigen Krieg: Neue Namen tauchen auf

Dieser Krieg dauerte von 1618 bis 1648. Im ersten Jahrzehnt verwüsteten die beiden kaiserlichen Heere unter ihren Anführern Wallenstein und Tilly (bayerisch !) das protestantische Norddeutschland. Darüber regte sich hierzulande niemand auf. Erst 1632 fielen die von den Protestanten zu hilfe gerufenen Schweden in Altbayern ein. Sie verbrannten die Häuser, schlachteten die Tiere und raubten, was sie mittragen konnten. Die Bewohner waren vorher davon gelaufen. Sie fielen erst der von den Schweden mitgebrachten Pest zum Opfer.

Ausführlichere Darstellung unter Überleben im Dreißigjährigen Krieg.

Versteckt in bewaldeten Seitentälern liegende Einödhöfe blieben am ehesten verschont. Die hier Überlebenden besetzten nach Abzug der Feinde die zerstörten und verwaisten Höfe und wagten sich zaghaft an den Wiederaufbau. Die Grundherren übergaben die Brandstellen umsonst an die Bauern und stellten noch kostenloses Bauholz zur Verfügung. Diese Gruppe stellt etwa 30 % unserer alteingesessenen Vorfahren im Landkreis Dachau. Typische Familiennamen von Überlebenden sind : Kiening, Schuhbauer, Winterholler, Hacker, Strixner, Pfundmair, Thaimer, Teufelhart, Holzapfel, dazu gängige Namen wie Sedlmayr, Neumayr, Hintermayr, Widmann, Westermayr.

Die "Tiroler" 1635 bis 1650

Die Zuwanderer wurden hier so genannt, obwohl die meisten garnicht aus Tirol kamen, sondern aus bayerischem Gebiet an der Tiroler Grenze.

Aus dem gebirgsnahen Oberland, aus den Gerichten Aibling, Rosenheim, Miesbach, kamen ab dem Jahr 1635 junge Bauernfamilien in den Raum Dachau, weitere 20 % unserer Vorfahren. Für einige Familien mit markanten Namen konnte die Herkunft nachgewiesen werden: Langenecker mit den meisten Nachkommen (vom Taubenberg, Raum Miesbach ), Thaler  und Polz (vom Samerberg), Grainsberger (aus Schliersee ), Harresser (vom Auerberg, Au bei Aibling), Esterhamer aus Fügen im Zillertal. Bei weniger ausgefallenen Namen verliert sich die Spur in den Wirren des Krieges.

Herr Peter Tremmel hat freundlicherweise 2 Artikel über Zuwanderer aus Oberaudorf (bei Kufstein) in den Raum Aichach zur Verfügung gestellt, die er zuerst in der "Aichacher Zeitung" veröffentlich hat: Da es sich um PDF-Dateien handelt, benötigen Sie zum Lesen das Programm Acrobat-Reader.
Riedlberger-Geschichte und Wernberger-Geschichte. Granegger aus Kärnten

Herr Josef Rieder + überließ mir freundlicherweise die Geschichte der Zuwanderer vom Samerberg bei Rosenheim.

Aus dem unteren Tiroler Inntal kamen einige, siehe Tirol, sowie Oberaudorf. Nußdorf

Ohne Quellennachweis läßt sich die Herkunft vermuten bei Hilgenrainer (Ort Hilgenrain bei Aibling), Klo (Einöde bei Geitau / Bayrischzell ), Wildgruber (Wildgrub bei Kiefersfelden), Abstreiter (bei Traunstein). Die Namensträger müssen aber nicht direkt aus ihrem Abstammungsort in den Raum Dachau gekommen sein. Rund um die Abstammungsorte sind diese Namen häufig.

1648 kamen die Schweden zum zweiten Mal nach München und zerstörten im Umland wieder, was in den Jahren davor aufgebaut worden war. Diesmal waren die Personenschäden geringer. Gewitzt durch viele Kriegsjahre waren die Bauern rechtzeitig geflüchtet. Wieder wurde der Bevölkerungsverlust durch Zuwanderung aus dem Oberland und aus Tirol ausgeglichen. Da die guten Bauernhöfe diesmal nicht verwaisten oder gleich wieder von den um 1635 hier geborenen Kindern besetzt wurden, blieben den Zuwanderern jetzt nur die kleineren Anwesen, die Handwerkeranwesen und Häusl, die seit 1632 schon öd lagen. Diese bäuerliche Unterschicht hat sich nicht so stark fortgepflanzt wie die Bauern und stellt nur 10 % der Vorfahren.

Markante Namen und Familien sind in dieser 3. Gruppe nicht bekannt, denn 1650 sind die Quellen weniger ergiebig als 1635..

Der nach der Zerstörung 1632 und 1650 neu aufgefüllte Bauernstand entwickelte sofort eine hohe Vitalität und zahlreiche Nachkommenschaft. Erst um 1800 erschöpften sich die Heiratsmöglichkeiten, als alle Bauern des Gebietes eng mit einander verwandt waren.

Die "Pfälzer" um 1800

Eine weitere Zuwanderungswelle waren um 1800 die Pfälzer aus der Rheinpfalz, Oberpfalz und aus Baden.
Bei uns entstanden um 1800 zusätzliche Arbeitsplätze in der Landwirtschaft durch die Umstellung von Weideviehhaltung und Dreifelderwirtschaft auf die arbeitsintensive Stallviehhaltung.

Weder die "Tiroler" noch die "Pfälzer" hinterließen in ihren Abstammungsgebieten Lücken. Es ist nur der Bevölkerungsüberschuß ausgewandert.

Die "Flüchtlinge" 1945

Eine dritte Zuwanderungswelle wieder nach einem zeitlichen Abstand von 150 Jahren waren die Flüchtlinge und Heimatvertriebenen. Nach Bayern kamen  überwiegend Sudetendeutsche.  Diese Einwanderer kamen allerdings nicht freiwillig, um hier ein Vakuum aufzufüllen, sondern zwangsweise. Sie sind nicht Thema meiner Arbeit. Auf einen weiteren Unterschied zu den vorherigen Einwanderungswellen sei jedoch hingewiesen: Die Flüchtlinge sind hier nicht Landwirte geworden, sondern haben auf den Land nur Wohn- und Schlafsiedlungen gebaut. Ihr Geld erwerben sie in  Handwerk, Industrie und  Verwaltung. Infolge der Mechanisierung der Landwirtschaft wurden ab 1950, im Unterschied zu den vorherigen Zuwanderungswellen, keine zusätzlichen Arbeitskräfte in der Landwirtschaft benötigt.

Zuwanderungswellen vor dem Dreißigjährigen Krieg.

Solche hat es sicher gegeben, aber es sind keine Archivalien dafür mehr vorhanden. In den letzten 350 Jahren gab es kaum Heiraten über die Isar hinweg zwischen München und Landshut.  Trotzdem sind beiderseits der Isar die gleichen markanten Namen verbreitet.  Hier muß es zwischen 1500, als die Familiennamen erst entstanden sind, und 1650, als unsere Archivalien einsetzen, intensiven Austausch gegeben haben.  Es könnten die Flüchtlinge aus dem Dachauer Raum 1630 bis 1650 gewesen sein, die zur gleichmäßigen Namensverbreitung wesentlich beigetragen haben.

Umgekehrt grassierte mehrmals die Pest. Ein regionales Vakuum wurde sofort aus der weiteren Umgebung wieder ausgeglichen.

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(C) Josef Kiening, zum Anfang www.genealogie-kiening.de