Josef Kiening: Genealogie im Gebiet nordwestlich von München

Ehhaftsbrief

Als Ehhaft oder Ehehaft wurde ein dörfliches Monopol oder dorfeigenes Handwerk bezeichnet. Das gilt vor allem für Schmiede und Bader. Manchmal wurden auch Müller und Wirte (Ehhafts-Taferne) so genannt. Bei den Schmieden war das Schmiedeanwesen und damit auch die Werkstätte (Ober-)Eigentum der Gemeinde.

Alle Dorfgemeindemitglieder hatten an den Ehhafts-Handwerker pauschale Abgaben zu leisten und mußten seine Dienste in Anspruch nehmen. Es geht also bei der Ehhaft darum, dem Handwerker eine sichere Existenz zu verschaffen. Dafür bekamen die Dorfbewohner die Schmiede- oder Baderleistungen zum Vorzugspreis.

Bader - Ehehaftsbrief aus Baindlkirch im Jahr 1712.

Mühlen und Tafernen waren üblicherweise ausreichend rentabel, so daß besondere Monopolvereinbarungen nicht notwendig waren. Nur die geldbringenden Hochzeiten mußten zwingend beim örtlichen Wirt gefeiert werden.

In den Briefprotokollen des Pfleggerichtes Friedberg fand ich einen Ehhaftsbrief von 1682 in der Neufassung von 1718 und habe ihn in vollem Wortlaut abgeschrieben. Die Rechtschreibung ist zur besseren Lesbarkeit modernisiert, Abkürzungen sind ausgeschrieben und Aufzählungen in Tabellenform gebracht.

Quelle: Staatsarchiv München, Rentmeisteramt München Unterbehörden 3948 (Amt Friedberg, 23.Februar 1718 ) Es geht um Rieden Kreis Friedberg Bayern.

(fl = Gulden, X = Kreuzer = 1/60 Gulden, & = Pfennig, 1 X =2,85 &, 1 Metzen = ca. 37 Liter, 1 Dreißiger = ca. 1,1 Liter)

Ehehaftsbrief

Ich Gall Sebastian von Deuring zu Hohenthann (der) kurfürstlichen Durchlaucht von Bayern und Rat Hauptmann, Stadt- und Landrichter, auch Kastner zu Friedberg bekenne hiermit von Amts- und Obrigkeitswegen, daß nachdem die über die Ehehaftsschmiede zu Rieden vorhanden gewesenen Ehehaftsbriefe (in den Kriegswirren von 1705) verloren und unwissend wohin gekommen, daher sich einige Strittigkeiten ereignen wollen, also haben mit einhelligem Vorwissen und Beisein der Gmeins Nachbarschaft zu Rieden wie auch der Bauern zu Gollenhof Blumenthal (Hofmarks-)Untertanen, der Bauern zu Haunsried, Hans Erlinger von Hinterholz und der Bauer von Hohleneich, item Bärtl Schuster von Zieglbach an einem und Georg Hanckh derzeit Schmied daselbst (in Rieden) zum andern Teil zur Erhaltung guter Nachbarschaft und Abschneidung weiteren künftigen Streits sich hierüber folgendergestalten verglichen wie in diesem Ehehaftsbrief von Wort zu Wort hernach zu vernehmen.

Erstlichen sollen obengemelte Untertanden schuldig sein, gedachtem Schmied für sein Ehaftsrecht zu geben

Anderstens soll er Schmied schuldig sein, einem Bauern, gleich (ob) ein ganzer oder halber Hof, einen Wagen um 1 Gulden 30 Kreuzer zu beschlagen, dahingegen soll ihm der Bauer samt seinem Gesellen (an) die(sem) einen Tag die Kost geben.

Drittens ist der Schmied verbunden, hernach spezifizierte Schmiedearbeit um den benannten Lohn zu machen, als

Zum Vierten ist bedingt worden, daß ein Söldner von einem Wagen zu beschlagen, weil selbiger etwas kleiner als eines Bauern mehr nit als 1 fl, doch dem Schmied und seinen Gesellen ein Tag die Kost geben soll.

Fünftens : Oben spezifizierte Untertanen sollen zu obgemeldter Arbeit neben dem bedingten Lohn das Eisen und die Kohlen dazu geben schuldig sein.

Sechstens ist verglichen worden, daß wenn eines von den Ehehaftsgliedern sich des Fuhrlohns auf dem Land bedienen wollte, er die Arbeit wie ein Fremder bezahlten soll.

Siebtens soll einer, so vornemme (vordringliche) Arbeit hat, sich 2 oder 3 Tag zuvor beim Schmied anmelden, daß er seine übrige Arbeit und Verrichtung auch danach anstelle und andere mit ihrer notwendigen Arbeit befördern könne.

Achtens die Fremden den Riedern, weil sie weit herzu haben, mit Arbeit vorgehen sollen. Doch daß sie ihre Arbeiten dergestalten anstellen und zu solcher Zeit kommen, damit die anderen Werkleute gleichfalls können befördert werden.

Neuntens damit sich sich kein Stritt unter den Bauern ereignen möchte, die Pflugarbeit, die so am notwendigsten ist, allzeit vorgehen und denen, die am ersten in die Schmiede kommen, die Arbeit am ersten gemacht werde. Es soll auch Schmied zu eines jedlichen Nutzen treulich und fleißig beschlagen, gegen niemand sich säumig erzeigen, sondern morgens, mittag und abens bei der Schmiedstatt fleißig und ordentlich finden lassen. Sonsten soll sich Schmied gegen der Nachbarschaft in einem und andern halten, daß nit Mangel und Klag erscheine, noch die Nachbarschaft billige Klagen vorzuwenden Ursach habe. Herentgegen soll jeder dem Schmied sein Traid und dann zu gebührlicher vorher benamster Zeit bezahlen (liefern).

Dessen zu mehreren Zeugnis und daß solches mit der Nachbarschaft Rieden will geschehen, haben nachfolgende Führer als von einer ganzen Gmain abgeordnete Gwalthaber diesen Ehehaftbrief im einem wie andern nachzukommen mit Mund und Hand angelobt.

Nämlich Veit Merkl und Georg Lindtemayr, dann Martin Sperl kurfürstlicher Landgerichtsprokurator und Wilhelm Keller von Erlzhausen, inmaßen auch Hankh als dermaliger Schmied bei dieser bedingten Ehaft zu verbleiben und selber fleißig nachzukommen gleichfalls das Handglib von sich geben.

Zu Urkund dessen dann (für) beide Teile auf untertäniges Bitten mit 2 gleichlautende Ehehaftsbriefe aufgerichtet.

11. September 1682, neu ausgestellt am 23.Februar 1718

Kommentar:

Die Preise des Schmiedes sind der reine Arbeitslohn. Das Eisen mußte der Kunde mitbringen oder nach Marktpreis bezahlen. Sensen oder Messer konnte der Dorfschmied scheinbar nicht herstellen, denn sie kommen in der Preisliste nicht vor.
Unklar ist, ober dieser Schmied auch für Hufeisen und Pferdehufbeschlag zuständig war. Die bäuerlichen Pferde kamen so selten in eine Stadt mit gepflasterten Straßen, daß sie kaum Hufeisen brauchten. Auf dem Land waren alle Wege nur Erde und haben die Hufe nicht beschädigt. Mit den drei letzten Posten der Preisliste könnten Hufeisen gemeint sein, erscheinen aber als etwas zu billig. 

Ein Schmied, der ausdrücklich als Hufschmied betitelt wurde, war im Nachbardorf tätig.

In Rieden gab es 5 Ganzhöfe und 6 Halbhöfe, von denen 2 wie Ganzhöfe zu zahlen hatten. Die Äcker der Sölden waren wenig. Überschlägig gerechnet komme ich auf ca. 30 Metzen Roggen (Korn) und 45 Metzen Hafer. Das dürfte 5 Doppelzentner Roggen und 8 Doppelzentner Hafer entsprechen. Mit dem Hafer konnte der Schmied ein Pferd füttern und der Roggen war wohl für eine Familie einschließlich Schmiedegesellen ausreichend. Der Arbeitslohn und die eigene landwirtschaftliche Tätigkeit des Schmiedes kommen dazu.

Das Dorf ließ es sich die Arbeitsbereitschaft des Schmiedes für einen etwaigen Schadensfall an einem Wagen oder Gerät einiges kosten.

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(C) Josef Kiening, zum Anfang www.genealogie-kiening.de